von Siegmund Kleinl / mit Gernot Piff / Musik und Bandoneon: Ferry Janoska / Virtueller Chor: Siegmund Kleinl, Gernot Piff, Eveline Rabold, Reinhold F. Stumpf / Virtuelle Chorführerin: Katharina Tiwald / Einrichtung der Bühnen-, Licht-, Kostüm-, Video- und Tonelemente: Peter Wagner / Technikdesign auf multiplen Ebenen: Georg Müllner / Regieassistenz: Isa Nemeth / Produktionsleitung: Alfred Masal / Inszenierung: Peter Wagner
Nach der Uraufführung von „Europas heiliger Krieger“ im OHO
Ein Theaterabend kann unterschiedliche Formen haben. Er kann unterhalten, einen aus dem Alltag holen oder zum Nachdenken anregen. Letzteres war die Intention der Macher von „Europas heiliger Krieger“. Das Stück, das den heiligen Martin entmystifiziert und als mit sich selbst kämpfenden, dschihadistenähnlichen Krieger zeigt, soll(te) das Publikum beschäftigen, sie anregen. Und das ist gelungen, sagt Premierenbesucherin Andrea Ochsenhofer: „Bei mir hat das Stück lange nachgearbeitet, da musste viel sickern, es hat wirklich eine nachhaltige Wirkung bei mir. Denn das Thema ist brandaktuell und trifft mich in einer Phase, wo ich mir unsicher bin, welche Haltung ich in der Flüchtlingsfrage habe.“ Eine Reaktion, die einen nur bestätigen kann, das Richtige getan zu haben, sagt Regisseur Peter Wagner: „Ich sehe, dass das, was wir hier erarbeitet haben und anbieten, nicht nur auf Interesse stößt, sondern Leute wirklich beschäftigt. Menschen sind wieder auf der Suche nach Orientierung, für die man offenbar mehr tun muss, als gesellschaftliche Muster zu reproduzieren. Dem kommen solche Theaterabende in gewisser Weise entgegen.“
Während der Uraufführung im OHO war es mucksmäuschenstill, jede Stecknadel hätte man fallen gehört, kein Huster hat gestört. Der Haupt- und einzige Darsteller Gernot Piff hat es geschafft, das Publikum ganz in seine Welt zu ziehen und dafür hat er großen Respekt erfahren. Dass Ferry Janoska und seine Musik Garanten für sehr emotionale Momente sind, weiß man längst, auch diesmal trägt er dazu bei, dass das Publikum ehrlich ergriffen ist. „Seine Musik berührt mich immer, er hat eine unglaubliche Präsenz, wenn er spielt“ sagt Andrea Ochsenhofer.
Die technisch aufwendige Inszenierung mit den vielen Ton- und Videoeinspielungen und Projektionen drückt Martins inneren Kampf aus. Und dabei bleibt alles rund und stimmig, meint Premierenbesucher Robert Michor: „Der Spannungsbogen bleibt, durch die starke Präsenz des Akteurs im Wechselspiel mit den ,Figuren‘ auf der Leinwand, durchgängig erhalten. Und, in einem Bild gesprochen: Das grobe und das feine Garn sind perfekt zu einem Ganzen gewoben.“ Was soll man da noch sagen, außer: anschauen und sich selbst ein Bild und eigene Gedanken machen!
Ursula Neubauer, BLATTWERK
„Europas Heiliger Krieger“: So hat man den Landespatron bislang noch nie gesehen.
Er habe seinen Mantel nicht mit dem Schwert geteilt, er habe nie halbe Sachen gemacht. Stattdessen nimmt der Heilige Martin den Vorschlaghammer und rückt den Banken zu Leibe… Nach Aufführungen im Offenen Haus Oberwart zog die Theaterinitiative Burgenland aus, um auch das ORF-Landesstudio mit Siegmund Kleinls wortgewaltigem Stück zu bespielen. Und dieses Wort – eindringlich verkörpert durch Gernot Piff – reißt mit. Kleinls Text ist keine Demontage des Mythos, sondern eine Re-Montage, inklusive Seitenhieben. Peter Wagners Inszenierung mit Videoinstallationen bringen zur Musik Ferry Janoskas ein wichtiges, wuchtiges Stück Theater auf die Bühne.
Wolfgang Millendorfer, BVZ