Musikalische Leitung und Dirigat: Davorin Mori / Bühnenoptik: Florian Lang / Lichtdesign: Alfred Masal / Kostüm: Markus Kuscher
Besetzung:
Daphne: Janina Schweitzer / Stimme: Michaele Khom / In diversen Rollen: Marika Rainer, Johanna Stacher, Martin Ganthaler, Fernando Hernandez
MusikerInnen der Camerata Sinfonica Austria: Charlotte Lang, Aurelia Kegley – Violoncello / Miha Firšt – Kontrabass / Martin Schuster, Elias Domschitz – Trompete / Daniel Mascher, Markus Wonisch – Posaune / Marko Jurečič – Schlagwerk / Matjaž Balažic – Akkordeon
Produktionsleitung Oberwart: Alfred Masal, Orsolya Turai / Produktionsleitung Klagenfurt: Susanna Buchacher
Organisation Camerata Sinfonica Austria: Julia Fellner / Regie- und Produktionsassistenz, Videoprogrammierung: Michael Foster
Sounddesign und Live-Ton: Tom Eitel, Konrad Überbacher / Bauten und Technik: Jan Tomsits, Florian Decker, Miriam Sommer, Zoltán Galambos
Am 16. Oktober 2017 wird die maltesische Investigativjournalistin Daphne Caruana Galizia mit einer Autobombe ermordet. DCG, wie sie in maltesischen Medien oft bezeichnet wurde und wird, publizierte unter anderem eigene Recherchen zu den „Panama Papers“, dem massiven Leak, der 2016 ein weltweites Netzwerk an Offshore-Firmen offenbarte.
„Daphnes Garten“ behandelt am Beispiel einer mutigen Journalistin, die ihren Einsatz für die Wahrheit mit dem Leben bezahlte, ein Phänomen, das gerade in unseren Tagen höchste Aufmerksamkeit lukriert, weltweit in vielen Ländern, so auch in Österreich: Korruption.
Wir treffen Daphne an in ihrem Garten, ihrem Refugium. Wir werden am Ende wieder in einen Garten entlassen, einen Garten, in dem die Ermordeten, die wegen ihrer Texte sterben mussten, zwischen den Pflanzen sitzen. Von Anfang an ist klar, was passieren wird: dies ist auch ein Stück über den Mord an Daphne Caruana Galizia. Und wir werden zwischen den Szenen immer wieder einen Blick auf einen der Mörder werfen, George Degiorgio, der in seinem Boot sitzt und auf den Anruf seines Bruders wartet, jenen Anruf, der ihm signalisiert: jetzt sitzt sie im Auto, jetzt muss das SMS geschickt werden, das die Bombe zündet.
Daphne war der lebende Kummerkasten, das Sprachrohr, Leute schickten ihr Unmengen von Informationen. Das heißt: es existiert tatsächlich ein Chor, der Daphne ihre Informationen zugetragen hat, eine Kakophonie aus einzelnen Stimmen, dem Läuten verschiedener Telefone, dem Wispern, der Empörung. Der CHOR gibt also den organischen Hintergrund, vor dem sich die Handlung entfaltet, und entspricht in seiner Herkunft aus der Tiefe der europäischen Theatersprache der Archaik dieses vendettahaften Mordes.
Der CHOR ist abwechselnd Meer, Garten, Mauer, aber auch die Reihe an Weingläsern an der Hotelbar, wo einander Juristen, Geschäftsleute, Menschen mit Geld, das auf Wäsche wartet, treffen; dann wird eben – inmitten von Schnipseln sales-orientierter, entmenschlichter Sprechakte – ein „Glas“ aus der Reihe genommen und begossen. Der Mensch wird zum Ding, das Ding ist Mensch, die Grenzen verschwimmen. Das Wort wird Fleisch – ? Kein Wort (mehr): der Mensch wird dem Wort entzogen (und die mittlerweile verhafteten Mörder schweigen vor Gericht beharrlich – entsprechend dem Kodex der Unterwelt). Und am Schluss zündet BRUDER 1, wartend auf dem Boot, per SMS die Bombe unter dem Autositz.
Die Oper >Daphnes Garten< lässt … nicht kalt. Engagiertes Musiktheater bei der Uraufführung der Oper >Daphnes Garten< des US-amerikanischen Komponisten Erling Wold im Offenen Haus Oberwart. Katharina Tiwald hat dazu ein dichtes, vielschichtiges Libretto verfasst. (…) Von Peter Wagner sehr effektvoll und nachdrücklich (…) [inszeniert]. Wold erweist sich als kompositorischer Glasperlenspieler.
APA – Austria Presse Agentur
Eine Oper, die unter die Haut geht …
Janina Schweitzer als Titelfigur singt ausdrucksstark, facettenreich … berühren.
Michaela Schneider-Khom, Marika Rainer, Johanna Stacher, Martin Ganthaler, Fernande Hernandes singen alle exzellent …
Mitreißende, am Jazz und Pop Orient Rhythmen sind ebenso zu finden wie feine lyrische Passagen … von Camerata Sinfonica unter der Leitung von Davorin Mori sehr präzise umgesetzt …
Es war ein heftig beklatschter Abend, der niemanden kaltließ.
Kleine Zeitung
Im Sumpf des Verbrechens … Ein Ereignis!
Das Projekt der Theaterinitiative Burgenland mit dem klagenfurter ensemble und dem Offenen Haus Oberwart verdichtet sich in 80 dichten Minuten zum sendungsbewussten Musiktheater mit verstörender Aktualität, das in Wagners souveräner, präzise getakteter, fast schon choreografischer Regie ganz ohne Pathos auskommt, um zu erschüttern …
… vom augenöffnenden Libretto Katharina Tiwald zwischen harten Fakten und leiser Poesie bis zum hoch emotionalen, uhrgängig-harmonischen, expressiv-herben Klangkörper Erling Wolds, den Musiker der Camerata Sinfonica virtuos beatmen.
Neue Kronenzeitung
Dienstag, 5. Dezember 2023 / Irina Lino, Neue Kronenzeitung
Nach der Burgenland-Uraufführung im Offenen Haus Oberwart, feierte die Oper „Daphnes Garten“ am Mittwoch beim Projektpartner klagenfurter ensemble Premiere. Ein Ereignis!
Sechs Sänger, sechs Musiker: Stimmen, die einflüstern, verhöhnen, kommentieren. Ein polyfoner Chor, der auf Florian Langs viergesichtiger Bild-Bühne mit ihren verschiebbaren Projektionsflächen wie aus einer griechischen Tragödie tritt, um SIE handlungstragend zu umgeben.
Sie ist Daphne Caruana Galizia (DCG) – Archäologin und Investigativjournallistin, die auf Malta (zu) tief gräbt im Dreck der Macht und den kriminellen Machenschaften der Mächtigen. Die Enthüllung der Panama Papers, ein Datenleak, das 2016 ein internationales Korruptionsnetzwerk offenlegt, an dem auch maltesische Politiker bis zum damaligen Premierminister Joseph Muscat beteiligt sind, gipfelt 2017 im Mord an der unbeugsamen Aufdeckerin durch eine Autobombe.
Peter Wagner (Gesamtkonzept und Regie) holt sie zurück. Um nicht nur ihren kompromisslosen Kampf ins Bewusstsein zu rücken. Das Projekt der Theaterinitiative Burgenland mit dem klagenfurter ensemble und dem Offenen haus Oberwart verdichtet sich in 80 dichten Minuten zum sendungsbewussten Musiktheater mit verstörender Aktualität, das in Wagners souveräner, präzis getakteter, fast schon choreografischer Regie ganz ohne Pathos auskommt, um zu erschüttern.
Denn alles an dieser Oper ist wahrhaftig – von den Tatsachen, die als projizierte Zitate im Fieberweiß der Schiebewände oder dem Stimmengewirr der Intriganten hängen, über das augenöffnende Libretto Katharina Tiwalds zwischen harten Fakten und leiser Poesie, bis zum hoch emotionalen, ohrgängig-harmonischen, expressiv-herben Klangkörper Erling Wolds, den Musiker der Camerata Sinfonaca virtuos beatmen.
Großartig die Sänger („Daphne“ Janina Schweitzer, Marika Rainer, Michaela Scheider-Khom, Johanna Stacher, Martin Ganthaler, Fernando Hernandez), ernüchtern die Erkenntnis: „Überall sind Gauner“, wie DCG schreibt. Es ist ihr vorletzter Blog-Eintrag vor der Ermordung. Vergessen wird man sie nicht! Denn in „Daphnes Garten“ keimt unbeirrt ein Samen. Er heißt Wahrheit …
Sonntag, 3. Dezember 2023 / Arnold, E-Mail
Ich war heute „Daphne’s Garten“ im KE-Theater in Klagenfurt.
Die Kritiken waren ja schon ausgezeichnet, aber beim Kapitel „Oper“ läufts bei mir im Kopf schon nicht mehr ganz so rund, das ist (meist schon thematisch) eher ein Problem und mit Stimmen , die in Richtung Koloratur tendieren, hab ich auch so ein Problem… Kann jetzt sein, dass es manchem von Euch auch so geht…
Hier ist das alles ein wenig anders.
Das Thema: Brutal und brandaktuell. Der Job des Investigativ-Journalisten entwickelt sich zu einem der gefährlichsten. Journalisten werden niedergeklagt, verfolgt, bedroht, eingesperrt, körperlich angegriffen und nur allzu oft auch ermordet . Die maltesische Journalistin Daphne Caruana Galizia war zu weit in politisch-wirtschaftlich-mafiöse Netzwerke vor allem auch im Umfeld der Panama-Papers eingedrungen und wurde 2017 von einer Autobombe zerfetzt.
Die Texte dieser künstlerischen Umsetzung sind radikal in ihrer Direktheit und der unzensierten Nennung aller beteiligten Namen. Stimmen und die zeitgenössische Musik sind großartig und in ihrer Dringlichkeit umwerfend.
In Zeiten, in denen auch hierzulande schon das Konsumieren eines Qualitätsmediums von größer werdenden Bevölkerungsschichten immer öfter als eine Art von Aussatz angesehen wird und die FPÖ direkt und unverhohlen unangenehm argumentierender “System-Presse“ mit schlimmen Konsequenzen nach ihrer eventuellen „Machtergreifung“ droht, gilt es , das Bewusstsein für solche Entwicklungen zu schärfen und das Heft selbst in die Hand zu nehmen. Man stelle sich unser Land ohne das Korrektiv einer freien, unkorrumpierbaren Presse lieber nicht vor. Mir graut.
Zurück zum Stück: Szenisch mit viel Videobespielung, in die auch die Texte des Librettos sehr gut eingebunden sind, exzellent umgesetzt. Ein tolles, attraktives Ensemble begleitet von einem hochambitionierten Klangkörper mit auch tontechnisch wunderbarer und spannender Umsetzung.
Hoch beeindruckend, wie diese Koproduktion die Kräfte gebündelt hat und verblüffend , wie so eine aufwendige Präsentation zu solchen Kartenpreisen finanzierbar ist.
Alles in allem: GEWALTIG!!!
Läuft nächste Woche noch von 6.-9. Dezember und das wars dann.
Ich würde durchaus auch eine längere Anreise für dieses Stück, das auch von einer Ausstellung zum Thema umrahmt ist, in Kauf nehmen!
Wenn man das jetzt versäumt, hat man es (wahrscheinlich) für immer versäumt…
Liebe Grüße
Arnold
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Donnerstag, 30. November, 2023 / Dr. Helmut Christian Mayer, Kleine Zeitung
Die Oper „Daphnes Garten“ von Erling Wold über die ermordete Journalistin Daphne Galizia Caruana im Klagenfurter Theater Halle 11 berührte.
“Überall sind Gauner. Die Situation ist hoffnungslos“: So lautete ihr letzter Blogeintrag am 16. Oktober 2017. Kurz danach wurde Daphne Caruana Galizia von einer Autobombe getötet. Völlig desillusionierend sagt sie diese Worte auch gegen Ende der Oper: „Daphnes Garten“ von Katharina Tiwald (Libretto) und Erling Wold (Musik) ist eine Koproduktion der Theaterinitiative Burgenland, dem Offenen Haus Oberwart, wo kürzlich die Uraufführung stattfand, und dem klagenfurter ensemble (ke). Sie handelt von dieser maltesischen Investigationsjournalistin, die es sich mit den Mächtigen angelegt hat. Den Hintergrund des Geschehens bilden die Enthüllungen der sogenannten Panama Papers, bei denen 2016 ein internationales Korruptionsnetzwerk zum Vorschein kam. Daphne deckte bei ihren Recherchen die Verflechtungen maltesischer Politiker, insbesondere die Machenschaften des damaligen Premierministers Joseph Muscat auf, wobei das Imperium brutal zurückschlug und sie ermordete. Der Prozess gegen die Täter, es waren drei Brüder, endete erst 2022 mit einem Schuldspruch, die mutmaßlichen Auftraggeber befinden sich nach wie vor auf freiem Fuß. Das Libretto ist teils nüchtern, teils dicht aber auch poesievoll. Es werden darin schonungslos alle involvierten Namen insbesondere der Politiker genannt.
Ihre Kraft schöpft Daphne immer wieder aus ihrem Garten. Diesen sieht man in Klagenfurt in der Theaterhalle 11 immer wieder angedeutet in Projektionen auf mehreren, verschiebbaren Elementen, die auch unterschiedliche Räume bilden (Bühne: Florian Lang). Peter Wagner lässt bei seiner Inszenierung den Plot aufwühlend geschehen, ohne ins Pathetische abzugleiten. Janina Schweitzer als Titelfigur singt ausdruckstark und fassettenreich, besonders ihr poesievolles Lied von den Orangen ist sehr berührend. Meist arbeitet sie am Laptop und wird von einem fünfköpfigen Chor umgeben, der wie in der griechischen Tragödie als Einflüsterer oder Intrigant kommentiert aber auch solistisch gekonnt unterschiedliche Personen darstellt: Michaela Schneider-Khom, Marika Rainer, Johanna Stacher, Martin Ganthaler, Fernando Hernández singen alle exzellent.
Die Musik des US – Komponisten Erling Wold, mit dem der Regisseur schon bei den Opern „Rattensturm” (2018) )und „Uksus“ (2012) zusammengearbeitete, beides waren Projekte des klagenfurter ensemble, ist meist tonal, polystilistisch, eingängig, stimmungsvoll untermalend. Mitreißende, am Jazz und Pop orientierte Rhythmen sind ebenso zu finden wie feine lyrische Passagen. Sie wird vom sechsköpfigen instrumentalensemble der Camerata Sinfonica Austria unter dessen Gründer und Leiter Davorin Mori sehr konzentriert, präzise und ambitioniert umgesetzt.
Insgesamt ein Abend, der niemanden kalt lässt und heftig beklatscht wurde. Dass es nicht nur um einen Einzelfall geht, wird am Schluss sichtbar, wenn weitere ums Leben gebrachte Journalisten mit Foto gezeigt werden, von Anna Politkovskaya bis Jamal Ahmad Khashoggi. Die Produktion wird 2024 in Großwarasdorf, in Eisenstadt und in Wien zu sehen sein.
Sonntag, 5. November 2023 / Anika Paul, meinbezirk.at
Am Freitag den 03. November war das OHO in Oberwart gut besucht.
OBERWART. Das hatte den Grund, dass die Premiere der Oper „Daphnes Garten“ an diesem Abend stattfand. In guter Gesellschaft genoss man gemeinsam einen Abend voller Schauspiel, Gesang und mitreißendem Storytelling.
„Überall sind Gauner. Die Situation ist hoffnungslos.“ Das war der letzte Eintrag Daphne Caruana Galizia auf ihrem Blog, bevor sie am 16. Oktober 2017 in ihrem Heimatort Bidnija, Malta, durch eine Autobombe ermordet wurde.
Die Journalistin führte ihren Blog, um neueste Nachrichten und Inhalte zu publizieren, die ihr von der Bevölkerung zugetragen wurden, um politische und gesellschaftliche Missstände aufzudecken. Doch vor einigen Jahren war Daphne in umfangreiche Recherchen involviert, die sich mit der weltweiten Vernetzung von Geld sowie Firmen und den geheimen Machenschaften von Politik und Mafia befassten. Sie bekam ca. 600.000 Emails rund um das geheime Projekt „Electrogas“ zugespielt und dadurch wusste sie für einige Leute zu viel. Das führte zu dem Mord an der Journalistin, um ein weiteres Durchsickern von brisanten Informationen an die Öffentlichkeit zu vermeiden.
Ein Leben – eine Oper
Daphnes Lebensgeschichte und ihr tragisches Ende wurden von zahlreichen musikalischen Talenten mitreißend dargestellt und haben das Publikum in den Bann der Geschichte gezogen. Katharina Tiwald, Erling Wold und Peter Wagner arbeiteten gemeinsam daran, die Oper umsetzen zu können und dies ist ihnen mit begabten Musikern, Schauspielern und Helferinnen und Helfern gelungen.
Die Meinung der Gäste
„Also ich konnte für 10 Minuten dazu erstmal gar nichts sagen, es war beeindruckend und hat mich sehr mitgenommen.“- Judith Guttmann
Tanja Friedl meinte: „Es ist eine schwere Thematik, die sehr gut umgesetzt wurde. Das Bühnenbild fand ich sehr schön. Das gesamte Thema war in der Oper verpackt, sowas ist bis jetzt noch nie dagewesen, es war einmalig.”
Samstag, 4. November 2023 / APA – Austria Presse Agentur
Engagiertes Musiktheater bei der Uraufführung der Oper “Daphnes Garten” des US-amerikanischen Komponisten Erling Wold im Offenen Haus Oberwart: Das Projekt der Theaterinitiative Burgenland mit dem klagenfurter ensemble und dem OHO thematisiert die Ermordung der maltesischen Investigationsjournalistin Daphne Caruana Galizia (kurz DCG). Katharina Tiwald hat dazu ein dichtes, vielschichtiges Libretto verfasst.
Den Hintergrund des Geschehens bilden die Enthüllungen der sogenannten Panama Papers, ein Datenleak, bei dem 2016 ein internationales Korruptionsnetzwerk zum Vorschein kam. DCG recherchierte in diesem Zusammenhang zu den Verflechtungen maltesischer Politiker, deckte u.a. die Machenschaften des damaligen Premierministers Joseph Muscat auf und wurde am 16. Oktober 2017 durch eine Autobombe getötet. Der Prozess gegen die Täter – drei Brüder – endete erst am 14. Oktober 2022 mit einem Schuldspruch, die mutmaßlichen Auftraggeber befinden sich nach wie vor auf freiem Fuß.
Im von Peter Wagner sehr effektvoll und nachdrücklich, aber zum Glück nicht pathetisch inszenierten Stück (Bühne: Florian Lang) werden alle Namen genannt. Tiwalds Text ist teilweise dokumentarisch nüchtern, teilweise beinahe poetisch, etwa in jener Passage, wenn Daphne ihr Rezept für Orangenlikör erläutert. Doch meist geht es sehr desillusioniert zu: So endet denn auch Daphnes letzter Blog-Eintrag kurz vor ihrer Ermordung mit den Worten “Überall sind Gauner. Die Situation ist hoffnungslos.”
Auf der durch Schiebeelemente und Projektionen sehr abwechslungsreich gestalteten Bühne erlebt man Daphne (Janina Schweitzer verleiht ihr in der doch anspruchsvollen Partie sympathische Präsenz) oft an ihrem Laptop sitzend, umgeben von den Stimmen der Einflüsterer und Intriganten. Wie in der antiken Tragödie gibt es einen Chor, der abwechselnd Meer, Garten oder Mauer verkörpert, aber auch die Reihe an Weingläsern an der Hotelbar, wo einander Juristen, Geschäftsleute, Menschen mit Geld, das auf Wäsche wartet, treffen. Wie heißt es bei Tiwald: Dinge sprechen nicht. Menschen sprechen.
Im Bühnenhintergrund spielt – meist verdeckt – die Camerata Sinfonica Austria unter der präzisen Leitung von Davorin Mori, manchmal erscheinen die Mitwirkenden auf den Projektionsflächen gleichsam als Live-Übertragung. Doch wird die Videotechnik sehr subtil verwendet und fügt sich dezent ins ansprechende Gesamtbild.
Wolds Musik schließlich setzt auf oszillierende stilistische Vielfalt. Über weite Strecken wird der Text eher rezitativisch behandelt, wobei Harmonik und Melodieführung durchaus tonal orientiert, aber doch von expressiver Herbheit durchzogen sind. Zwischendurch blitzen Rhythmen der Popmusik und des Jazz auf: Wold erweist sich als kompositorischer Glasperlenspieler.
Insgesamt ein Abend, der beileibe nicht kalt lässt. Dass es nicht nur um einen Einzelfall geht, wird am Schluss sichtbar, wenn an weitere ums Leben gebrachte Publizistinnen und Publizisten erinnert wird, von Anna Politkovskaya bis Jamal Ahmad Khashoggi. Die Produktion übersiedelt ab 29. November nach Klagenfurt, für 2024 sind weitere Termine in der KUGA Großwarasdorf, in Eisenstadt und in Wien vorgesehen.
S E R V I C E – Oberwart, Offenes Haus: “Daphnes Garten”. Oper von Katharina Tiwald (Text) und Erling Wold (Musik). Regie: Peter Wagner, musikalische Leitung: Davorin Mori. Mit Janina Schweitzer, Marika Rainer, Johanna Stacher, Martin Ganthaler, Fernando Hernandez, Michaela Schneider-Khom. Information und Tickets: Tel. 03352/38555
Samstag, 4. November 2023 / red, burgenland.ORF.at
Freitagabend ist im Offenen Haus Oberwart (OHO) die erste Premiere des neu ins Leben gerufenen burgenländischen „Landestheaters für Autorinnen und Autoren“ gefeiert worden. Unter der Regie von Intendant Peter Wagner wurde die Oper „Daphnes Garten“ uraufgeführt.
Die erste Uraufführung des neuen Landestheaters ist Freitagabend unter tosendem Applaus zu Ende gegangen. Die Oper „Daphnes Garten“ widmete sich einem brisanten Thema – dem Aufdeckungsjournalismus und dem wahren Leben von Daphne Caruana Galizia. Die maltesische Journalistin ist vor sechs Jahren durch eine Autobombe ermordet worden – mehr dazu in Malta: Zwei Schuldsprüche nach Mord an Journalistin.
Mit seiner Inszenierung möchte Regisseur und Intendant Peter Wagner Emotionen wecken. „Wir haben im Eingangsbereich bereits Biografien ermordeter investigativer Journalistinnen. Und dann kommen wir rein in eine Oper: Und die Oper? Was erweckt sie denn? Die Emotion, sich zu identifizieren mit einer Geschichte, die abgründig ist. Und das ist großartig, wenn es gelingt“, so Wagner. Das Libretto von „Daphnes Garten“ hat die Autorin Katharina Tiwald geschrieben, die Musik stammt vom US-amerikanischen Komponisten Erling Wold.
Auftakt zu dreijährigem Kulturreigen
Die Oper „Daphnes Garten“ ist im OHO Oberwart noch fünf Mal zu sehen. Die Premiere am Freitag war der Auftakt zu eine Reihe zeitgenössischer burgenländischer Theaterproduktionen im Offenen Haus Oberwart. Das Projekt Landestheater der Autorinnen und Autoren ist vom Land Burgenland für drei Jahre anberaumt.
„Das finde ich natürlich toll, dass wir die Möglichkeit bekommen, hier vielleicht ein ganz alternatives Landestheater aufzubauen, nämlich nicht Repertoiretheater, sondern Uraufführungstheater mit Texten burgenländischer Autoren, vielleicht auch einmal mit einem eingeladenen Autor, der hier richtig Residenz macht“, sagt OHO-Geschäftsführer Alfred Masal.
Samstag, 4. November 2023 / prima!
Der Auftakt des burgenländischen Landestheaters der Autor:innen hätte die Latte nicht höher legen können. Uraufführungen kann er ja, der Peter Wagner. Aber mit der Oper Daphnes Garten ist ein neuer Glanzpunkt gesetzt worden.
„Überall sind Gauner. Die Situation ist hoffnungslos.“ Mit diesen Worten endet Daphnes letzter Blogeintrag am 16. Oktober 2017. Wenige Minuten später wird sie von einer Autobombe zerfetzt. Uraufführungstheater ist das eine. Uraufführungsoper das andere. Im OHO ist man ja gewohnt, sich auf Neues einzulassen. Aber Oper ist schon noch mal eine andere Kategorie – auch in diesem Haus. Wagner führt in seiner Inszenierung den Besucher jedoch behutsam an das Thema heran. Auch wenn es Zahlen und Fakten sind, die da im Vorfeld im Zuge einer Ausstellung präsentiert werden, sie sind wichtig, um die Dimension des Kommenden zu erfassen.
Daphne Caruana Galizia, eine maltesische Investigativjournalistin, deckte in eigenen Recherchen zu den „Panama Papers“ ein Netz an Korruption, Offshore Firmen und Geldwäsche auf, das sogar bis in Maltas Regierungskreise reicht. Ihre Ermordung erschütterte die Welt. Sie ist nicht die einzige Journalistin, die für ihre Arbeit mit dem Leben bezahlte. Was berührt, ist die Entschlossenheit, die immer wieder aufflackt, trotz der Zerrissenheit, denn da gibt es ja auch ein anderes Leben. Das, in dem Daphne über Möbel und Rezepte schreibt.
Ein passagenweise in seinem Ausdruck so unverblümt klares Libretto von Katharina Tiwald, untermalt mit der wunderbaren Musik von Erling Wold. Wenn das die Latte ist, die sich das burgenländische Landestheater der Autorinnen und Autoren gelegt hat, dann ist das Burgenland bereit Kulturland zu werden.
Keine Angst vor Oper. Vor allem nicht vor dieser. Thema. Ensemble. Musik. Libretto. Inszenierung. Eine Bühne, die mit Schiebeelementen und Projektionen durch das Thema hindurchträgt. – Es ist ein neuer kultureller Glanzpunkt im Burgenland.