März. Der 24.

Uraufführung: 24.03.1995
Offenes Haus Oberwart (OHO)
Gastspiele: Kulturzentrum Eisenstadt

Das Massaker von Rechnitz

Der Mord an jüdischen Zwangsarbeitern beim Südostwallbau 1945
von Peter Wagner

Besetzung: Gräfin: Daniela Graf; Graf: Ferdinand Kaup; Podezin: Michael Reiter; Stadler: Johanna Orsini-Rosenberg; Oldenburg: Georg Kusztrich; Mizzi: Rosemarie Straal; Anna: Birgit Spuller; Pagani: Hubertus Zorell; Ziserl: Sascha Ploner; Blinder Ziehharmonikaspieler: Otto Lechner / Bühne: Wolfgang Horwath / Kostüm und Maske: Doris Deixler / Licht: Alfred Masal / Regieassistenz: Catharina Roland / Video: Hans Peindl / Requisite: Gregor Pokorny / Programm & Layout: Beatrix Rehm / Interviews mit österreichischen Spitzenpolitikern: Prof. Paul Blaha / Produktionsleitung: Horst Horvath / Regie: Walter Davy

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März. Der 24.

Gesamtaufzeichnung

Aufarbeitung eines Verbrechens aus der braunen Vergangenheit

Das Kulturzentrum „Offenes Haus Oberwart“ brachte das Stück „März. Der 24.“ des burgenländischen Autors Peter Wagner zur Uraufführung

Der historische Spielplatz im Stück, das Schloss Rechnitz, Sitz der Bauabschnitssleitung des Ostwalls im Zweiten Weltkrieg. Die Menschen in dem Schloss haben es sich gerichtet. Sadismus, Gewalt, Sex, Angst und auch das Wegschauen angesichts des zum Alltag gewordenen Krieges, der immer neue Gefangene anschwemmt, die in den Ställen vegetieren und zum Verwaltungsproblem werden. Ein letztes Fest soll gefeiert werden. Gelöst werden soll an diesem Abend auch ein dringliches „Problem“: Der letzte Transport hat nur krankes, für die Arbeit „unbrauchbares Menschenmaterial“ gebracht. 180 Juden, die zum Kreuzstadel hinaus transportiert werden und dort ein großes Loch schaufeln müssen.

Von Regisseur Walter Davy ohne Schnörkel in Szene gesetzt, in einer Bühne von Wolfgang Horwath, die sich assoziativ an den Unvergänglichkeitsmythos von Stahl und Beton während der NS-Zeit anlehnt, entzündet sich die Brisanz des Stückes an den Beziehungen der Figuran zueinander, ihrem Spiel, das Rangordnungen durch Demütigung schafft, bis sich die Gewalt ganz unten bei den Gefangenen entlädt.

Ausgezeichnet Michael Reiter als der Gestapo-Chef „Podezin“, dargestellt als ein Kleinbürger, der plötzlich mit Macht ausgestattet wurde und mit sadistischem Vergnügen seine Allmachtsgefühle auslebt. Zu seiner Geistes- und Bettgefährtin geworden, Daniela Graf in der Rolle der Gräfin. Männerfressend in ihrer Lebensgier, die alle Grenzen überschreiten und auskosten will, die vor dem großen Zusammenbruch noch erreichbar sind. Daneben Ferdinand Kaup als Graf, bedächtig und präzise dargestellt als ein Mann, der wegschauen und verdrängen will, aber immer zu feige ist, Widerstand zu leisten. Nachdenklich machend die beiden Küchenmädchen, die eine, dargestellt von Rosemarie Straal, lebenspraktisch, die andere Birgit Spuller, die sich an dem, was es noch zu holen gibt, bedient wie die andere, aber letztlich doch zerbricht. Ihr Bruder, dargestellt von Sascha Ploner, ist das Kind, das in diesem Krieg das Töten lernt und das Denken verlernt. Als die Hemmungen gefallen sind, tötet er weiter, ohne Befehl. Sein Gegenspieler, Hubertus Zorell als der älteste Soldat, der seine Menschlichkeit nicht ganz verdrängen kann, der Gewissen entwickelt und reden könnte und deshalb sterben muss. Ein betroffen machender Theaterabend.
Annemarie Klinger, NEUE ZEIT, Graz

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