Aufdecken!

Uraufführung / Premiere: 03.01.2025
Offenes Haus Oberwart (OHO)
Gastspiele 2024: KUGA Großwarasdorf / Literaturhaus Mattersburg / REDUCE Kultursaal Bad Tatzmannsdorf / Bildungswerk Eisenstadt / Wien Off-Theater

Das Vermächtnis des Kurt Kuch

Die Investigativ-Journalistin Hannah Winter hat von Kurt Kuch ein Kuvert mit einem Datenstick erhalten, den sie zehn Jahre nach seinem Tod
öffnen soll. Die zehn Jahre sind um, aus der ehemaligen Assistentin ist
eine bekannte Journalistin geworden. Sie meint zu wissen, was auf dem Stick ist: viel Arbeit. Aber welcher Skandal kann zehn Jahre darauf warten,
aufgedeckt zu werden? Und was bedeutet das überhaupt: aufdecken?
Während sich Hannah darauf vorbereitet, den Stick in den Laptop zu
stecken, wird sie auch mit ihrer eigenen Geschichte und dem Verhältnis
zu ihrem Mentor, dem viel zu früh verstorbenen ehemals größten
Aufdecker des Landes, konfrontiert.

Stück: Clemens Berger
Darstellerin: Katharina Susewind
Regie: Valentina Himmelbauer, Peter Wagner

Eine Kooperation der Theaterinitiative Burgenland / Landestheater der Autor:innen mit dem Offenen Haus Oberwart.

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Aufdecken!

Between 2006 and 2024, more than 1,700 journalists have been killed around the world, with close to 9 out of 10 cases of these killings remaining judicially unresolved, according to the UNESCO Observatory of Killed Journalists.

In Österreich gibt es immer wieder Versuche, sowohl staatliche als auch private Medien zu beeinflussen. Einige Politiker stehen im Verdacht, öffentliche Gelder verwendet zu haben, um eine positive Berichterstattung in den Boulevardmedien zu kaufen, während andere versucht haben, einzugreifen, indem sie sich direkt an die Redaktionen gewandt haben, wie der ehemalige Bundeskanzler Sebastian Kurz. Er wurde 2021 zum Rücktritt gezwungen, weil er verdächtigt wurde, positive Berichterstattung in einer privaten Zeitung gekauft zu haben. Journalisten sind manchmal Zielscheibe politischer Angriffe von Extremisten, häufig radikalen Rechten. Obwohl verschiedene Gesetzesentwürfe diskutiert werden, ist Österreich der letzte EU-Mitgliedsstaat ohne ein Informationsfreiheitsgesetz. Medienschaffende sind außerdem besorgt über den Versuch bestimmter politischer Parteien, ihren Zugang zu gerichtlichen Informationen zu beschränken. Journalist*innen, die über Demonstrationen berichten, werden manchmal willkürlich sanktioniert, während andere von SLAPP-Verfahren betroffen sind.
(Reporter ohne Grenzen, 2024)

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Hintergrundinfos

Der Investigativ-Journalist Kurt Kuch, Schüler und Mitarbeiter des vornehmlich als Aufdecker bekannt gewordenen Journalisten Alfred Worm bei NEWS und u.a. stellvertretender Chefredakteur ebendort, war schon zu Lebzeiten eine Legende in südburgenländischen Landen, aber auch selbst ein geschätzter, streitbarer, teilweise auch gefürchteter Aufdecker der österreichischen Korruptionskultur, über die er mehrere Bücher verfasste, u.a. auch als Co-Autor von Alfred Worm. Zu seinen bekanntesten Arbeiten zählen Land der Diebe, Ecowin Verlag, Salzburg 2011 und Haider: Schatten über Europa (gemeinsam mit Hans-Henning Scharsach), Kiepenheuer und Witsch, Köln 2005.
Neben seiner journalistischen Arbeit trat er als Veranstalter diverser Events vornehmlich im Offenen Haus Oberwart auf, organisierte Ausstellungen, so etwa eine über Anne Frank, die vom damaligen Verkehrsminister und späteren Bundeskanzler Viktor Klima eröffnet wurde.
Besonders im Gedächtnis der Öffentlichkeit haften geblieben ist sein Kampf gegen den Lungenkrebs, der im Frühjahr 2014 bei ihm diagnostiziert wurde und den er unter Einbindung der Öffentlichkeit bis zu seinem Tod am 3. Jänner 2015 ausfocht. Mehr als 10.000 Follower auf Facebook begleiteten und unterstützten seinen Appell gegen das Rauchen, das er bis zu seiner Erkrankung mit dem Konsum von gut 80 Zigaretten am Tag exzessiv betrieben hatte.
Fast bis zum letzten Tag hörte er nicht auf, vor ungezügeltem Zigarettenkonsum zu warnen und Interviews aus dem Krankenbett zu geben. Eine Gepflogenheit, die letztlich zur Idee führte, ihn als Protagonisten eines Stücks zu sehen, der über seinen Tod hinaus noch zu wirken beabsichtigt.

„Dinge anzuzünden und mich dann mal für eine Stunde zurückzulehnen und zuzusehen, wie alles explodiert, wie Anwälte, Fernsehstationen und andere Medien anrufen, das genieße ich schon sehr. Dazu kommt noch, dass wir ja in Österreich bei Enthüllungen an akuter Themenverfehlung leiden: Der Großteil der Diskussion dreht sich nie um die Frage „Was ist genau passiert und welche Konsequenzen muss es jetzt geben?”, sondern vor allem um die Frage „Wie konnte das bloß an die Öffentlichkeit kommen?” – Allein deshalb werde ich sicher nicht müde.
Natürlich bin ich korrumpierbar – mit einer besseren Geschichte. Wobei ich auch dabei heute sehr vorsichtig sein muss. Jeder Promi, der in Schwierigkeiten gerät, leistet sich einen Medienberater. Und dessen Job ist es, bessere Geschichten zu bringen, damit wir von seinem Klienten abgelenkt werden.
Interview Kurt Kuch mit Michael Hafner (2012)

Clemens Berger 
©k-susewind
Kurt Kuch Portrait

Und aufeinmal sind 10 Jahre vergangen.

Wer waren Sie vor zehn Jahren? Wie war diese Welt vor zehn Jahren? Wie war Ihre Welt vor zehn Jahren? Ist alles weitergegangen in diesen zehn Jahren; also natürlich nicht alles, manches ist einfach auch für immer nicht weitergegangen. Anfangs musste ich mich davon abhalten, musste ich mir verbieten, diesen Stick aus dem Kuvert zu holen – war ja nicht schwer, ihn zu ertasten. Den Mächtigen auf die Finger schauen, auch so ein Satz, den Einflussreichen, den Reichen, denen, die meinen, es sich richten zu können, wie sie wollen, die von allen fordern, sich an die Regeln zu halten, von denen sie selbst sich ausgeklammert wähnen. Oder Sternchen und ganz weit unten ganz kleingedruckt: Gilt nicht für mich. Ich musste mir wieder und wieder auf die Finger schauen, musste ihnen ein ums andere Mal befehlen: Nein, weg davon, pfui, nicht aus dem Kuvert holen den Stick, nicht in den Rechner stecken den Stick, anschauen, höchstens anstarren seine Konturen. Und an ihn denken. Immer und immer wieder, oft, zu oft, ein Jahr, zwei Jahre, drei Jahre, vier. Was darauf ist, warum. Welchem Skandal warst du auf der Spur? Was für ein Skandal kann das sein, wenn ich erst in zehn Jahren davon erfahren soll? Mehr zu den Eurofightern? Kickbackzahlungen? Banken, die mit unserem Geld spekulieren? Die Blauen mit ihren lustigen Werbe- und Beraterfirmen, wo man schon mal zwölf Millionen für knapp sechs Seiten Gutachten bekommen kann?

Auszug aus AUFDECKEN! Das Vermächtnis des Kurt Kuch.

Foto links: Clemens Berger / Autor; Foto: k-susewind