Die eiserne Grenze

Uraufführung: 13.11.1997
Offenes Haus Oberwart (OHO)
Gastspiele: KUGA, Kulturzentrum Eisenstadt

Eine Liebesbeziehung, die durch den Wegfall des Eisernen Vorhangs in Brüche geht

von Peter Wagner

Mit Michaela Galli und Johannes Flaschberger / Bühne: Wolfgang Horwath / Licht: Alfred Masal / Produktionsassistenz: Gabriele Lienhart / Regieassistenz: Michaela Ifkovits / Produktionsleitung: Horst Horvath / Regie: Herbert Adamec

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Liebe am Eisernen Vorhang

Beinahe ausschließlich mit den Mitteln der Sprache und der Fantasie gelang es dem burgenländischen Theaterautor Peter Wagner am Donnerstag, das Premieren-Publikum im Offenen Haus Oberwart zu fesseln: Denn “die eiserne grenze” – Wagners jüngstes Stück ist die erste Eigenproduktion nach der Renovierung des Hauses – kommt mit einem sehr beschränkten Personeninventar, einem kargen Bühnenbild, das Wolfgang Horvath gestaltete, und einem Mindestmaß an theatralischen Effekten aus.
Klare, geometrische Formen, ein Sofa in den ungarischen Landesfarben, darauf ein Mann und eine Frau. So sehen Bühnenbild und Ausgangslage aus, bis zum Schluß ändert sich daran rein äußerlich wenig. Auch wenn es nicht viel Bewegung gibt, so kommen die österreichische Lehrerin und der ungarische Grenzsoldat, gespielt von Michaela Galli und Johannes Flaschberger, dennoch nicht zur Ruhe.
In ihren Mono- und Dialogen umkreisen sie “Die Eiserne Grenze” – den Eisernen Vorhang, der die beiden trennt. Dass es bei dieser Grenze vor allem um eine vorgestellte Trennlinie geht, die allerdings eine gehörige Anziehung ausübt, zeigt der Umstand, dasß der Eiserne Vorhang nicht zu sehen ist.

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Hymne auf die Phantasie

Am Abend bevor der Eiserne Vorhang fällt, treffen sich die beiden zum letzten Mal in dieser verbotenen Zone. Was Wagner ihnen in den Mund legt, ist eine Hymne auf die Phantasie, wie in allen seinen Stücken sind die zentralen Themen Liebe und Erotik, das Private steht im Zusammenhang mit dem Allgemeinen – der Politik.
Die Grenze zwischen Realität und Vorgestelltem verschwimmt, und gerade dieses spielerische Moment fasziniert an dem Stück. Auch der Umstand, dass es spannend bleibt, wenn zwei Menschen eineinhalb Stunden lang mögliche Wirklichkeiten durchdenken. Wer das überprüfen will, hat bis 30. November Gelegenheit dazu.

Peter Sitar, KURIER: Neues Wagner-Stück im OHO

An einer sehr bequemen Grenze

Im ersten Teil von Peter Wagners Oberwarter Trilogie musste das Schauspieler-Paar auf einer Bank ausharren, im zweiten Teil steht eine Couch zur Verfügung. Symptomatisch für das Stück?
… Im um- und ausgebauten OHO ging vergangenen Donnerstag die Premiere des zweiten Stückes dieser Reihe über die Bühne – „Die eiserne Grenze“. Wieder stehen zwei Menschen mit total konträren lebenswelten einander gegenüber. Getrennt und gleichzeitig verbunden durch eine Grenze, den „Eisernen Vorhang“ zwischen Österreich und Ungarn. Die beiden – eine verlobte Volksschullehrerin und ein verheirateter Grenzoffizier – führen wegen dieser trennenden Barriere eine ziemlich bequeme Beziehung. Nicht von ungefähr spielt sich das Ganze auf einer Couch ab. Im Gegensatz zu den meisten anderen Wagner-Stücken fehlt auch inhaltlich das Unbequeme: In wortwitzigen Dialogen spielen „Sie“ (gespielt von Michaela Galli) und „Er“ (Johannes Flaschberger) das Was-wäre-wenn durch und nehmen so ziemlich alle Klischees, die der Westen vom Osten und umgekehrt hat, auf die Schaufel. Diese Beziehung, die perfekt scheint, obwohl die beiden einander noch nie berührt haben, wird gerade dadurch bedroht, dass die körperliche Berührung durch die löchrig werdene Grenze möglich wird. „Sie“, die gerne mit dem Feuer spielt, solange es Theorie bleibt, hat nicht den Mut, durch das Loch in der Grenze zu „Ihm“ zu schlüpfen. „Er“, der Realität mit Zynismus verhaftet, verweigert sich ihren Gedankenspielen. Am Ende holt die Wirklichkeit die zwei ein und beendet den Zauber einer Beziehung, die nur durch die Grenze bestehen konnte. Ein ungewöhnlich sanftes und humorvolles Wagner-Stück über den „Ort zwischen zwei menschen. Den einzigen, wahrhaftigen Ort der Welt“. Unter der Regie von Herbert Adamec sind mit Michaela Galli und Johannes Flaschberger zwei hervorragende Schauspieler auf gewohnt zurückhaltendem Bühnenbild von Wolfgang Horvath zu sehen.

BURGENLÄNDISCHE FREIHEIT